Audioweg am Königssee: Erinnerung an NS-Verfolgte

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2. Dezember 2025
Stele über die Geschichte der Familie Moderegger am Ufer des Königssees. Dokumentation Obersalzberg / Leonie Zangerl

Ein eindrucksvoller, rund einstündiger Spazierweg zwischen Königssee und Schönau lädt dazu ein, sich auf eine besondere Form der Erinnerung einzulassen. An vier Stationen erinnert der Audioweg an Menschen aus der Region, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Über QR-Codes an den metallenen Stelen lassen sich Audiobeiträge abrufen, die die Lebensgeschichten von Anna Grassl, Dora Reiner und der Familie Moderegger erzählen. Diese Menschen und ihre Schicksale stehen exemplarisch für die nationalsozialistische Verfolgung in der Region. An den Orten ihres Lebens und Wirkens in Schönau am Königssee laden die Stelen zum Innehalten und Erinnern ein.

Zur Wegbeschreibung und den Tourendetails

Ein Schulprojekt mit Wirkung

Im Herbst 2023 startete das Gymnasium Berchtesgaden in Zusammenarbeit mit der Dokumentation Obersalzberg ein Projektseminar. Sechzehn Schüler*innen setzten sich dabei intensiv mit der nationalsozialistischen Verfolgung in der Region auseinander. Unter der Begleitung von Geschichtslehrerin Alkisti Foti sowie den Bildungsreferentinnen Sonja Herzl-Förster und Leonie Zangerl entstand ein Audioweg, der lokale Schicksale erlebbar macht und an die Opfer der NS-Diktatur erinnert.

Nahaufnahme der metallenen Stele mit QR-Code über das Schicksal von Anna Grassl. Dokumentation Obersalzberg / Leonie Zangerl

An dieser Stele erfahren Interessierte mehr über das Schicksal von Anna Grassl.

Von der ersten Idee zur konkreten Planung

Zu Beginn stand die Frage im Raum, wie Erinnerung lebendig gestaltet werden kann. Nach einem Besuch der Dauerausstellung „Idyll und Verbrechen“ der Dokumentation Obersalzberg erarbeiteten die Schüler*innen mögliche Ansätze. Schnell kristallisierte sich die Idee der „Erinnerung vor Ort“ heraus. Ziel war es, die Biografien Verfolgter nicht nur genauer kennenzulernen, sondern an den authentischen Schauplätzen ihrer Lebensgeschichten sichtbar zu machen.

Im ersten Schritt erstellten die Schüler*innen eine schulinterne Ausstellung zu einzelnen Biografien. Daraus entwickelte sich der Plan für einen Audioweg. Nach eingehender Recherche und einer Ortsbegehung entschieden sie sich für drei Stationen in Schönau am Königssee: das ehemalige Strandbad der Familie Moderegger, das Hirschenlehen als Wohnort von Dora Reiner und einen Gedenkort für Anna Grassl. Die Schüler*innen setzten sich nicht nur mit den historischen Hintergründen auseinander, sondern übernahmen auch organisatorische Aufgaben: Sie holten Genehmigungen ein, entwickelten das Design der Gedenkstelen und kümmerten sich um die Finanzierung.

Schüler an einer Werkbank beim Bau der Stelen aus Metall. Gymnasium Berchtesgaden

Die Schüler*innen planten und bauten die Stelen aus Metall selbst.

Ein Audioweg wird umgesetzt

Technisch wurde das Projekt durch eine Kombination aus physischen Stelen und digitalen Inhalten umgesetzt. Gemeinsam mit dem Schülerforschungszentrum Berchtesgadener Land planten und bauten die Schüler*innen die Stelen aus Metall selbst. Auch die Audio-Beiträge wurden von den Schüler*innen verfasst, produziert und die auf YouTube veröffentlicht. Durch QR-Codes auf den Stelen können Besuchende so am jeweiligen Ort die Geschichten der Verfolgten anhören. Zu den drei Biografien wurden noch ein Intro sowie ein Outro gestaltet. In der Einführung sind Interviews mit Passant*innen zu hören, die zur NS-Geschichte und der Notwendigkeit von Erinnerung befragt wurden. Im Outro kommen schließlich die Schüler*innen selbst zu Wort.
Im Rahmen einer feierlichen Präsentation wurde das Projekt im November 2024 abgeschlossen. Die Montage der Stelen erfolgte im Herbst 2025.

Mit dem P-Seminar-Preis 2025 des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus wurde das große Engagement der Schüler*innen und deren Leistung schließlich überregional gewürdigt.
Den Schüler*innen ist es gelungen, mit dem Audioweg ein nachhaltiges Zeichen zu setzen, das nicht nur die Erinnerung an die Opfer lebendig hält, sondern auch die Auseinandersetzung mit der regionalen NS-Geschichte fördert. Die Verbindung von historischen Recherchen, technischer Umsetzung und kreativen Ideen zeugt von großem Engagement und Einsatz – ohne den ein solches Projekt nicht zu realisieren gewesen wäre.

Nahaufnahme der Stele mit Intro und Outro. Dokumentation Obersalzberg / Leonie Zangerl

Der Rundweg dauert eine gute Stunde und beinhaltet vier Stationen.