Biografisches Erzählen
Wir wollen in unserer Dauerausstellung „Idyll und Verbrechen“ die Geschichte des Nationalsozialismus unter anderem durch biografisches Erzählen vermitteln. Anstatt abstrakte Zahlen und Begriffe in den Vordergrund zu stellen, werden individuelle Schicksale von Opfern, aber auch konkrete Lebensgeschichten von Tätern präsentiert.
Zum Beispiel die von Anna Grassl. Sie lebte unweit des Obersalzbergs in der Gemeinde Schönau, wo sie 1906 gehörlos zur Welt gekommen war. Nach dem Tod ihrer Eltern kam sie 1937 in eine Pflegeanstalt, von der sie Mitte März 1941 nach Eglfing-Haar verlegt und keine fünf Wochen später in der Tötungsanstalt Schloss Hartheim ermordet wurde.
Aber auch Täter werden unter die Lupe genommen. Franz Stangl, ein Gestapo-Mitarbeiter, war als stellvertretender Büroleiter maßgeblich an den Massenmorden im Tötungszentrum Hartheim beteiligt. Damit qualifizierte er sich für den Einsatz in den Vernichtungslagern Sobibor und Treblinka. Sein Lebens- und Karriereweg zeigen: Die NS-Täter waren keine unnahbaren „Monster“, sondern „gewöhnliche“ Menschen, die sich aus der Mitte der Gesellschaft heraus den NS-Verbrechen schuldig machten.
Der Ansatz des biografischen Erzählens trägt dazu bei, Prozesse, Verbrechen und Schicksale nachvollziehbar zu vermitteln. Zugleich dient das Konzept als eindrückliche Mahnung für die Gegenwart und Zukunft.