„Gerahmte Gewalt“: Fotoalben aus dem Vernichtungskrieg im Obersalzberger Gespräch
Im Obersalzberger Gespräch am 29. April 2025 beleuchtet der Historiker Jürgen Matthäus, welche Spuren der Vernichtungskrieg im Osten in privaten Fotoalben von Deutschen hinterlassen hat.
Sie liegen auf Dachböden, werden auf Flohmärkten gehandelt, im Internet verkauft oder in Archiven aufbewahrt – private Fotoalben von Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie sind materielle Zeugnisse dafür, wie Deutsche den Krieg erlebten und wie sie ihn erinnert wissen wollten. Besonders Alben aus dem „Osteinsatz“ – aus jenen Gebieten, in denen der deutsche Vernichtungskrieg geführt wurde und Verbrechen des Holocaust stattfanden – zeigen individuelle Perspektiven auf Gewalt, Macht und Ordnung. Sie werfen dabei ein vielschichtiges Licht auf die Sichtweisen der Beteiligten. Dennoch hat die historische Forschung diese Quellen bislang nur am Rande beachtet.
In seinem neu erschienenen Buch „Gerahmte Gewalt. Fotoalben von Deutschen im ‚Osteinsatz‘ und die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg“ legt Jürgen Matthäus erstmals eine umfassende Analyse privater Kriegsalben im Kontext des deutschen Vernichtungskriegs im Osten vor. Auf Grundlage mehrerer hundert Alben untersucht Matthäus, wie diese Fotografien Gewalt darstellen, wie sie Kriegserfahrungen strukturieren – und welche Funktionen sie für die Erinnerung hatten und noch immer haben. Anders als lose Fotos erzählen Alben Geschichten: Durch ihre feste, aber zugleich interpretierbare Bildabfolge bieten sie Deutungsräume, die für kollektive Identitätsbildung und familiäre Erinnerung besonders wirksam sind.
Im Obersalzberger Gespräch stellt Jürgen Matthäus private Kriegsalben als historische Quelle vor und beleuchtet ihre Bedeutung für das Verständnis des Vernichtungskriegs. Er zeigt, wie diese Bilder Gewalt sichtbar machten, Täterbilder prägten und Opfermythen stützten – und wie all dies bis heute im kollektiven und familiären Gedächtnis nachwirkt.
Jürgen Matthäus leitete von 2005 bis März 2025 die Forschungsabteilung am Jack, Joseph and Morton Mandel Center for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, DC.
Die Veranstaltung findet am Dienstag, 29. April 2025 um 19 Uhr im AlpenCongress Berchtesgaden statt. Der Eintritt ist frei.
Es wird um Anmeldung unter anmeldung@obersalzberg.de gebeten.